Die Sepsis Stiftung begrüßt und unterstützt die Etablierung einer Modellregion Sepsis im Main-Taunus-Kreis. Seit Jahrzehnten ist es in Deutschland nicht gelungen auf Bundes- und Länderebene Sepsis zu einer Priorität zu machen und die Zahl der vermeidbaren Todesfälle und Langzeitfolgen durch Sepsis zu reduzieren, obwohl seit Jahren bekannt ist, dass die Krankenhaussterblichkeit bei Sepsis mit 30% etwa doppelt so hoch wie in Schweden und Australien ist. Dies bedeutet, dass in Deutschland täglich 380 Menschen an einer Sepsis versterben und 75% der Überlebenden lebenslang an den Folgen einer Sepsis leiden.
Dabei war Deutschland weltweit das erste Land, in dem auf Vorschlag unseres Kuratoriumsmitglieds Helge Braun, ehemaliger Kanzleramtsminister, 2013 erstmals und 2017 erneut, ein Nationaler Sepsis Plan gefordert wurde. Trotz Unterstützung von medizinischen Fachgesellschaften und der Präsidenten des Robert Koch Instituts (RKI) und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, wurde diese Forderung von den Akteuren im Gesundheitswesen, den Organen der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens und der Politik nicht aufgegriffen.
Inzwischen ist die Wirkung von, auch durch hochrangige Persönlichkeiten aus der Politik und allen gesellschaftlichen Bereichen unterstützten Aufklärungsmaßnahmen für die Bevölkerung und Qualitätsverbesserungsmaßnahem im Gesundheitswesen auch für die Sepsisvorbeugung und-behandlung in einer Reihe von Ländern wie Australien, England, und den USA wissenschaftlich eindeutig belegt. So reduzierte sich, z. B. im Bundesstaat New York innerhalb von 5 Jahren um ein Drittel. In der Altersgruppe von O-17 Jahren ging die Krankenhaussterblichkeit auf 7.5% zurück. In Deutschland liegt sie in der vergleichbaren Altersgruppe der 0-19-jährigen über 16%.
Vorstand und Kuratorium der Sepsis Stiftung sind der Überzeugung, dass im Main-Taunus-Kreis die Garanten für einen messbaren Erfolg einer Modellregion Sepsis vorhanden sind. So wird der Main-Taunus-Kreis eine Vorreiterrolle für den Bund und die Länder haben. Sehen wir die Gründe:
- Zunächst das Engagement von Marion Pfeiffer, die urplötzlich mit den Folgen einer Sepsis bei ihrem geliebten Ehemann Stefan Pfeiffer konfrontiert wurde. Ein Engagement, dass viele ermutigende Reaktionen in ihrem Landkreis und weit darüber hinaus zur Folge hatte.
- Dieser Schicksalsschlag hat bei den politischen Entscheidungs- und Mandatsträgerinnen und sehr vielen Freunden der Familie und Menschen aus vielen gesellschaftlichen Bereichen nicht nur Betroffenheit hervorgerufen, sondern auch die Bereitschaft zum Handeln und zur Unterstützung ausgelöst.
- Herr Landrat Michael Cyriax hat die Schirmherrschaft für diese deutschlandweit einzigartige Vorreiterregion übernommen.
- Das Interesse, an dem bisher auch im MTK weitgehend unbeachteten Thema und die Bereitschaft sich mit diesem Thema bereits im Rahmen der ersten Infoveranstaltungen – „Sepsis der unterschätzte Notfall in der Brühlwiesenschule und im Landratsamt in Hofheim im November 2023, auseinanderzusetzen. Besonders beeindruckend war dabei
I) die parteiübergreifende Präsenz von Repräsentantinnen aus der Bundes-, Landes- und Landkreisebene,
II) die Unterstützung der Schulleitung der Brühlwiesenschule in Hofheim,
III) die Wissensbegierde der Schülerschaft und das Interesse des Lehrkörpers und
- IV) nicht zuletzt die gezeigte Bereitschaft lokaler Medien zur Stärkung der Gesundheitskompetenz im Landkreis beizutragen.
- Professor Michael Booke von den Varisano-Kliniken Main-Taunus hat die medizinische Leitung und wissenschaftliche Begleitung des Projekts übernommen. Die Sepsis Stiftung erachtet die Zusammenarbeit mit Professor Dr. Booke als einen Glücksfall. Als Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie der Varisano-Kliniken im MTK, ist er durch seine Expertise als Notfall- und Intensivmediziner und wissenschaftlich anerkannter Sepsisforscher für diese Aufgabe besonders prädestiniert.
- In den zahlreichen Gesprächen die Marion Pfeiffer und auch Professor Booke mit Repräsentanten aus der Bundes-, Landes- und Kreispolitik, von ärztlichen Standesorganisationen, Sozial- und Wirtschaftsverbänden, Bildungseinrichtungen, Stiftungen, Kirchenvertretern, Vereinen geführt haben, wurde deutlich, dass auch Unterstützung aus dem ambulanten medizinischen Bereich und der Zivilgesellschaft für das Projekt zu erwarten ist.
- Durch die Unterstützung der politischen Führung und in allen Bereichen der Gesellschaft können die Ursachen und Barrieren, die bislang für das Scheitern der Ansätze zu einer Steigerung des Sepsiswissens vorhanden waren, überwunden werden.
- Um auf wissenschaftlicher Grundlage (Umfragen und Erhebungen zum Sepsiswissen) eine Veränderung des Wissens über Sepsis im Main-Taunus-Kreis zu erreichen bedarf es auch finanzieller Mittel, die wir gemeinsam einwerben möchten.
Im Namen des Vorstands und des Kuratoriums der Sepsis Stiftung bedanke ich mich bei Familie Pfeiffer und insbesondere bei Professor Booke für die Initiierung und Übernahme der Koordination dieses Projekts und bei Landrat Michael Cyriax für die Übernahme der Schirmherrschaft, aber auch bei den Unterstützenden für dieses – für Deutschland wegweisende – Vorreiterprojekt. Ich verbinde dies mit der Zusage, dass die Sepsis-Stiftung und ihrer Partner alles tun werden, um zum Gelingen dieses Projekts beizutragen.
Mit herzlichen Grüßen
Professor Konrad Reinhart ML Vorstandsvorsitzender der Sepsis Stiftung
Founding President Global Sepsis Alliance